Hintergrund
Es ist in Ordnung, im Dienst von Babynahrungsfirmen zu arbeiten. Wir brauchen qualitativ hochwertige Muttermilchersatznahrung, wenn Stillen oder Muttermilchernährung nicht möglich sind.
Unnötige Verwendung von Muttermilchersatznahrung birgt allerdings gesundheitliche Risiken für Mutter und Kind.
Wenn Familien Stillen oder Muttermilchernährung wünschen, müssen sie so beraten und begleitet werden, dass ihnen dieses faktisch möglich wird. Werden Familien kompetent und konsequent beim Stillen unterstützt, ist die Menge benötigter Formulanahrung gering. Die Firmen wollen jedoch immer mehr Nahrung verkaufen. Das funktioniert nur, wenn Mütter weniger stillen – nur dann geben sie mehr Formulanahrung.
Stillen unterstützen oder den Verkauf von Formulanahrung fördern: Das sind zwei widerstreitende Interessen, die sich gegenseitig ausschließen. Die Rechtsanwält*innen kennen das Problem. In ihrer Berufsordnung steht: „Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen keine widerstreitenden Interessen vertreten.“ Wer von Babynahrungsfirmen Gehalt, Honorare, Spesen, Fortbildungen oder sonstige Zuwendungen aller Art bekommt, fühlt sich bewusst oder unbewusst verpflichtet, etwas zurückzugeben. Und das bedeutet hier: den Verkauf von Formulanahrung unterstützen.
Deshalb ist hier, wie bei den Rechtsanwält*innen, darauf zu achten, die Interessen personell zu trennen: Entweder von der Babynahrungsindustrie Gehalt oder Zuwendungen erhalten und damit der Firma verpflichtet sein oder Stillbegleitung/Stillberatung für Familien machen (was bei Bedarf industrieunabhängige Informationen zu Formulanahrung einschließt).
Unabhängigkeit deutlich machen
Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass jemand, die oder der Familien zu Stillen und Säuglingsernährung informiert und berät, unabhängig von der Babynahrungsindustrie sein sollte. Wenn Fachpersonen ihre Unabhängigkeit benennen, können Eltern darauf aufmerksam werden und sich daran orientieren.
StillbegleiterInnen können dazu beitragen, dieses Anliegen transparent zu machen. Auf der persönlichen Webseite könnte zum Beispiel ein Hinweis stehen:
Ich arbeite unabhängig von Babynahrungsfirmen und von Herstellern von Flaschen, Saugern und Milchpumpen. Ich nehme keine Honorare, keine Zuwendungen und keine Fortbildungen von diesen Firmen an. Ich gebe kein Werbematerial dieser Firmen weiter.
Ich unterstütze Ihre informierte Entscheidung und berate Sie individuell, wenn Sie sich für eine andere Ernährungsform entscheiden.
(Ich halte den WHO-Kodex ein.)
Machen Sie deutlich, dass Sie in Ihrer Beratung unabhängig von der Babynahrungsindustrie und nur der Familie verpflichtet sind. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass das wichtig ist. Wenn Fachpersonen ihre Unabhängigkeit benennen, können Eltern darauf aufmerksam werden und sich daran orientieren. Sie können dafür diese Unabhängigkeitserklärung nutzen.